Ich habe meinen RS erst vor Kurzem gekauft, kann aber nicht sagen, ob ich es nochmal tun würde, weil es *eigentlich* nicht meine Art von Auto ist.
Warum ich ihn dann gekauft habe? Gute Frage. Schwacher Moment. Bereut hab ich es sicher nicht und werde ich auch nicht. Ein Teil von mir liebt ihn. Ein anderer Teil findet ihn peinlich. An manchen Tagen möchte ich kein anderes Auto. An manch anderem Tag möchte ich nicht darin gesehen werden.
Das geht mir aber schon immer in fast jedem Auto so.
Kaufen "musste" ich aus steuerlichen Gründen in 2010 ein Auto. Die sinnvolle Spanne lag aus rein steuerlichen Gründen zwischen 40000 und 70000 Euro Anschaffungspreis, aber ich bringe es nicht wirklich übers Herz 70000 Euro für ein Auto auszugeben, weil ich ohnehin meist Zug fahre, weil das auf meinen Strecken angenehmer, effizienter und Lichtjahre öknomischer und ökologischer ist.
Ich liebe ihn, weil ich großen Respekt vor Ford habe ein solches Auto in Zeiten wie diesen überhaupt zu bauen. Manchmal. Meist denke ich, dass es verdammt gut ist, dass solche Autos nicht mehr gebaut werden (vor Kraft kaum laufen können und saufen wie ein Tier), weil sie Niemand wirklich braucht.
Ich jedenfalls brauche ihn nicht. Ein PS-starkes Auto zu fahren, ist nett, allerdings rufe ich die Spitzenleistungen nie wirklich ab. Den Top-Speed meines RS werde ich wahrscheinlich niemals wissen und "ausdrehen" des Motors...Drehzahlen über 4000 U/min erachte ich als unnötig Sprit verbrannt. Was mich aber annmacht, sind 175 PS bei 2300 Umdrehungen. Berge plattwalzen. Zu wissen, dass man könnte, wenn man wollte und genau deswegen nicht muss.
Kraft macht souverän. Und in diesen wundervollen, körperbetonten Sitzen mit 90 km/h übers Land zu rollen oder mit 50 km/h durch den Ort zu fahren mit diesem Sound, der ganz dezent und leise, aber omnipräsente Kraft vermittelnd im Hintergrund grummelt (ich liebe 5-Zylinder) macht mich echt an. Drauftreten langweilt auch schon deshalb, weil die Grenze dann sofort spürbar wird und 300 PS sind nichts, was mich vom Hocker haut. Flott, ja. Mehr auch nicht. Beim rumrollen ist das Gefühl von endlos Leistung schon durchaus da. Auch wenn's ne Lüge ist. Es fühlt sich so an. Wie die genüßliche Auslaufrunde in einem Rennwagen, die ich schon immer mehr genoß, als Rennenfahren selbst. Die erschöpft gerauchte Zigarette danach ist häufig das Beste, weil man dabei den Genuß verarbeiten kann und er sich erst richtig in die Hirnwindungen einbrennt...
Was mich am Ende wirklich überzeugt hat - so blöd es klingt: Der Frontantrieb! Wer solch ein Auto mit Frontantrieb baut, verdient, dass ich mich ihm widme und darf mein Geld bekommen, weil das so dermaßen gegen den Strom ist und weil das so dermaßen blöd und unmöglich erscheint, dass schon der Versuch mir ein Lächeln abringt. Hat gut funktioniert und für diese mutige und gleichermaßen hervorragende Leistung, gabs einen Kaufvertrag von mir zur Belohnung. Ich kann mit 100% Sicherheit sagen, dass ich den Wagen mit Allrad nicht gekauft hätte. Ein Golf R oder Audi S4 langweilen mich zu Tode.
Und damit kommen wir zum Hauptgrund, warum ich den RS gekauft habe: Egal ob er mir gerade peinlich ist, oder ich ihn liebe: Er ist niemals langweilig. Nie. Schon beim Öffnen der Garage finde ich ihn je nachdem schön oder zum Kotzen, aber ALLES ist besser, als so ein blödes, dummes Stück Blech in der Garage stehen zu haben, dass mich so völlig kalt lässt. Und das trifft in meiner Empfindung auf 95% aller Autos zu, die es heute noch zu kaufen gibt.
Und zur Anrechnung steuerlicher Rückstellungen musste es diesmal leider ein gekaufter Neuwagen sein.
Mein nächstes Auto unterliegt diesen Regeln nicht und daher wird es ganz sicher auch kein RS mehr: Dann darf es wieder ein gebrauchter E-Type oder Healey sein. Und gegen die hat auch der RS nicht den Hauch einer Chance. Selbst wenn die nur 18 PS haben sollten, wie ein Fiat 500L aus den 60ern.
Vielleicht werde ich den RS aber noch ne ganze Weile danach behalten: Als einen der Letzten seiner Art. Gott sei Dank, aber ein kleines bisschen darf man das Gestern auch in Zukunft noch geniessen.