Hallo,
ich bin 4,5 Jahre Focus RS MK3 gefahren und fahre jetzt seit fast genau 2 Jahren einen Mustang GT Facelift mit Schaltgetriebe, aktuell habe ich mit ihm knapp 23.000 km runter.
Der Focus begeistert bekanntermaßen durch seine wahnsinnige Kurvengierigkeit und Traktion durch den Allrad bei jedem Wetter - der Mustang mit seinem wirklich, sorry, endgeil klingenden V8 und zwei unterschiedlichen Gesichtern. Die Verwandlung vom sanften, zahmen Pony zum stürmend-aggressiv brüllenden Rennpferd dauert nur wenige Sekunden, und er kann beides wirklich sehr gut. Dafür sorgen auch die unterschiedlichen Fahrmodi, die sich sehr deutlich bemerkbar machen (Gasannahme, Lautstärke und Sound der Klappenanlage, Lenkwiderstand, Fahrwerk).
Der Focus kann/konnte den Spagat rückblickend nicht so gut, er ist deutlich rauer, lauter, härter, immer auf dem Sprung und wie ein wildes Tier zur Jagd bereit. Wirklich entspannt fahren kann man mit ihm (zumindest meinem Empfinden nach) nicht, vor allem wenn die Straßen etwas schlechter sind. Das war letztendlich das, was mir auch am Ende auch etwas den Spaß genommen hat. Meine Route zur Arbeit hat sich komplett geändert, so dass ich den Focus nicht mehr in seinem bevorzugten Terrain ausfahren konnte.
Der Mustang ist halt ein GT, dem aber immer noch der Ruf anhaftet, nur gut geradeaus fahren zu können. Im Vergleich zum Focus ist der Mustang allein schon aufgrund seiner Größe und des Gewichts natürlich nicht ganz so kurvengierig, aber so pauschal gesprochen ist diese Aussage ab der Generation 6 Unsinn, für das Facelift ab 2018 gilt das noch mehr als für das vFL. Natürlich gibt es Raum für Verbesserungen (Steeda stellt z.B. jede Menge Teile zur Verfügung, auch gibt es diverse Gewindefahrwerke), aber auch Stock fährt er sich (zumindest mit Magneride Fahrwerk) absolut sicher und in Kurven erheblich schneller, als man ihm im Stand zutrauen würde. Er vermittelt ein sehr neutrales, vertrauenerweckendes Fahrverhalten, weshalb ich manche Autobahnausfahrt tatsächlich schneller nehmen kann als mit dem Focus, wo ich manchmal den Grenzbereich wegen der Antriebseinflüsse in der Lenkung nicht so richtig spüren konnte. Beim SportAuto Test hat er sogar eine schnellere Slalomgeschwindigkeit als ein BMW M2 erzielt, was jetzt auch nicht gegen eine gewisse Kurvenwilligkeit spricht.
Klar, im Innenraum hat man nur 4 Sitze, von denen die Rücksitze maximal für Personen bis 1,60m real nutzbar sind, fahre aber auch meist alleine. Ich habe selbst 3 Kinder (1, 5, 8 Jahre alt) und auch schon alle mitgenommen, was dank Isofix auf der Rückbank auch problemlos möglich ist (vom etwas fummeligen Kindersitzeinbau mal abgesehen). Aber für einen Familienausflug ist halt ein Platz zu wenig. Dafür ist der Kofferraum recht groß und dank umlegbarer Rücksitze auch für größeres Gepäck gut nutzbar, selbst ein Kinderfahrrad und Buggy passen rein (trotz Sitzlehnen aufrecht).
Der Verbrauch liegt bei mir (Autobahn- und Bundesstraßenanteil 80%, Stadt 15%, Rest Überland) bei ~12,2 Litern, wobei ich immer nur E10 tanke. Super oder Super+ haben bei mir weder einen spürbaren Leistungs- noch Verbauchsvorteil bewirkt, außerdem ist E10 wohl besser für den OPF (weniger Rußbildung) und hat m.W. nach sogar mehr Oktan als Super 95. Die Leistungsentwicklung ist natürlich anders als im Focus, da kein Turbo verbaut ist. 500 nm knapp über Leerlauf hören sich gut an, dank langer Übersetzung (jedenfalls beim Schaltgetriebe) reißt er aber nicht gleich den Asphalt auf - was aber auch in dem Fall positiv ist, da er sich so auch bei Regen sehr gutmütig fahren lässt. Versteht mich nicht falsch, er geht auch gut untenrum, so dass man schneller ist als die meisten anderen Fahrzeuge drumherum, aber es kommt einem nicht so brachial vor wie bei einem Turbobefeuerten Fahrzeug. Dafür zieht er auch ab knapp 1.200 U/min. von unten raus super sauber hoch, ohne Ruckler oder Drehmomentloch. Ab 3.500 U/min geht dann schon gut der Bär ab, ab 4.500 U/min. stürmt er dann immer schneller vorwärts mit einem infernalischen V8 Sound, Drehzalbegrenzer liegt irgendwo bei 7.200 U/min. Auf der Autobahn bei 130 km/h dreht er im 6. Gang knapp 2.000 U/min., was total entspannend und relativ ruhig ist. Soll es dann mal schnell gehen, kann man bei 130 immer noch den dritten Gang einlegen und den Pinsel runtertreten, dann geht es auch mächtig vorwärts
Kostenfaktor: Der Mustang ist alles in allem im Unterhalt etwas teurer als der Focus. Die KFZ-Steuer liegt bei 452 Euro, die Versicherung ist immer individuell, dürfte aber mit dem Focus vergleichbar sein (bei mir ca. 650€ VK mit SF22, 12.000 km, Firmenwagen), die Versicherung kann man sich ja im Internet raussuchen und dann online ausrechnen lassen. Die Inspektion ist jährlich oder nach maximal 20.000 km, also afaik so wie beim Focus RS, wobei beim Mustang die hohe Ölmenge von 9,5 Litern überproportional hoch ins Gewicht fällt. Reifen sind etwas teurer, da größere Standardgröße (255/40 R19 vorne und 275/40 R19 hinten) als der Focus, macht aber preislich nicht soviel aus im direkten Vergleich.
Letztendlich kann Dir keiner sagen, mit welchem Auto Du glücklicher bist oder sein wirst, da beides für sich betrachtet tolle Autos mit völlig anderen Charakteren sind. Ich bin glücklich mit dem Mustang, er kann genau das, wofür ich ihn gekauft habe und was der Focus nicht so gut konnte. Dafür wäre ich mit dem Mustang an meinem alten Wohnort vermutlich nicht so glücklich geworden wie damals mit dem Focus. Ob Du den Focus abgeben solltest, kann so pauschal keiner beantworten. Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig die Gemeinsamkeiten und Unterschiede näher bringen, ansonsten frag mich einfach
Gruß
Thomas